Lizas Geschichte
Mutter von 3 Spenderkindern
Die Wahl zwischen einem anonymen oder offenen Spender
Mein Name ist Liza und ich bin 42 Jahre alt. Ich bin mit Lise verheiratet und zusammen haben wir drei Spenderkinder. Wir haben beide Kinder bekommen – mit demselben Spender.
Ein Spenderkind bekommen
Als Lise und ich unser erstes Kind haben sollten, waren wir sehr darauf aufmerksam, was unsere Umwelt dazu sagen würde, dass wir ein Spenderkind bekommen. Es gab sogar Familienmitglieder, die meinten, dass man einem Kind nicht das Wissen vorenthalten dürfte, wer der Vater sei. Natürlich möchte man die richtige Entscheidung für das Kind treffen, und deswegen hatten wir viele Überlegungen hierzu, weil die Umwelt versuchte uns eine Meinung unter zu schieben, dass die Entscheidung nicht ethisch korrekt sei. Wir fingen z.B. an zu untersuchen, ob jemand aus unserem Umfeld dazu bereit wäre mit uns ein Kind zu bekommen. Das konnte manchmal zu einer etwas peinlichen Stimmung führen, aber es gelang uns ein schwules Paar zu finden, die unsere Idee gut fand. Je mehr wir uns allerdings darüber unterhielten, umso deutlicher wurde es, dass dies nicht der richtige Weg für Lise und mich war. Wir wollten es gerne alleine, zu zweit, durchziehen – wie jede andere kleine Familie und deswegen haben wir alle Pläne abgebrochen und uns dafür entschieden unsere eigene Fertilitätsklinik, Diers Klinik, für eine Inseminationsbehandlung mit Samenspende zu verwenden. Heute sind wir über diese Entscheidung überglücklich.
Zu dem Thema wird es immer Menschen geben, die eine extreme Haltung haben, und man trifft Personen, die glauben, dass sie das Recht haben zu wissen, was für andere die richtige Entscheidung ist. Besonders die Entscheidung bzgl. einem anonymen oder offenen Spender kann viele Meinungen hervorrufen. Meine Meinung und Erfahrung ist, dass man seinem Herz folgen sollte und sich das aussuchen sollte, was sich für einen selbst richtig anfühlt. Man muss die Entscheidung verteidigen können, die man trifft, sowohl jetzt als auch in Zukunft, sowie dem Kind gegenüber. In meinen Augen gibt es keine Entscheidung die richtiger ist als eine andere.
Ehrlich gesagt, bin ich aber darüber überrascht, wie wenige Skeptiker wir treffen, und wie wenige wir im Laufe der letzten 12 Jahre getroffen haben. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal eine reale Skepsis oder Kritik Spenderkindern gegenüber erlebt habe. Wir leben auch in einer sehr guten Gegend, wo die Leute tolerant und offen sind. Und hinzu kommt, dass es einfach normaler wird, Spenderkinder zu bekommen. Alleine in der Schule meiner Kinder weiß ich, dass es mehrere Spenderkinder mit verschiedenen Familienkonstellationen gibt. Heute ist es also nicht unnormal ein Spenderkind zu sein, und dies macht vieles für viele einfacher.
Die Wahl eines Spenders
Im Jahr 2006, als wir unser erstes Kind haben sollten, gab es nur wenige offene Spender. Die Möglichkeit bestand, aber die Auswahl war sehr begrenzt. Ich weiß noch, dass ich es komisch fand nicht zu wissen, mit wem ich rein genetisch gesehen ein Kind haben sollte. Ich habe mir über die Persönlichkeit des Spenders Gedanken gemacht, und es hat mir viel bedeutet zu wissen, ob er ein sympathischer Mensch war. Ich hatte das Bedürfnis, dass jemand den Menschen gutheißen konnte, der letztendlich eine wichtige Rolle in meinem Leben spielen würde.
Meine Erfahrung ist, dass die meisten heutzutage gerne so viel wie möglich wissen möchten und auch gerne die Entscheidung bzgl. dem Spender beeinflussen möchten. Jedoch kann es unterschiedlich sein, welche Informationen den Leuten wichtig sind. Einigen ist ein passendes Aussehen wichtig, andere wiederum legen Wert auf bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, Interessen oder Talente. Viele haben ausgeprägte Präferenzen ob sie einen anonymen oder offenen Spender möchten. Diese Erfahrungen habe ich mir zu Herzen genommen und mit mir in die SellmerDiers Samenbank genommen, wo es uns sehr wichtig ist die Spender gut kennen zu lernen und den Kunden bei der Wahl des Spenders zu helfen.
Damals haben Lise und ich in der Samenbank gefragt, wen sie sich auswählen würden, und zwei Mitarbeiter haben denselben Spender genannt. Zwar war er anonym, aber wenn zwei Personen ihn gut fanden, dann mussten wir uns einfach für ihn entscheiden. Und seitdem ging es mir mit dieser Entscheidung bestens und so geht es mir immer noch. Er ist Spender von allen drei Kindern. Lise hat unsere Älteste und unseren Jüngsten auf die Welt gebracht, und ich habe unseren Mittleren geboren.
Heutzutage sucht man sich einen offenen Spender aus, weil man dem Kind die Möglichkeit nicht vorenthalten möchte, seinen Spender zu treffen, aber es gibt keine richtige oder falsche Wahl. Eltern müssen auf ihr Bauchgefühl hören. Wenn man die Entscheidung trifft ein Spenderkind zu bekommen, wie wir, bekommt man ein Kind, das keinen Vater hat, und dies ist von Anfang an eine Bedingung. Man muss wissen, dass der Spender sich verpflichtet an einem Treffen teilzunehmen, aber nicht dazu eine Beziehung einzugehen. Wir werden sehen, ob wir die richtige Wahl in Bezug auf unseren Kindern getroffen haben, aber ich finde es überraschend, wie wenig der Spender ein Teil von unserem Leben ist – ob anonym oder nicht. Dies gilt sowohl für uns als auch für andere aus unserem Umfeld mit Spenderkindern. Für uns und für unsere Kinder ist der Spender ein fremder, erwachsener Mann, dem wir dafür ewig dankbar sein werden, dass er uns geholfen hat und dass er uns das größte Geschenk dieser Welt gegeben hat. Er ist mein Helt.
Was wirklich etwas bedeutet
Wir hatten uns natürlich vorab überlegt, worüber unsere Kinder sich Gedanken machen könnten, aber wir sind überrascht worden. Unsere größten Sorgen waren komplett überflüssig, während die Sachen, worüber wir uns keine Gedanken gemacht hatten, wichtig wurden.
Z.B. waren sowohl Lise als auch ich besorgt, ob dem Kind eine männliche Bezugsperson und ein männliches Vorbild fehlen würde.
Deswegen haben wir in unserem Umfeld gefragt, ob jemand dazu bereit wäre extra viel Zeit mit unseren Kindern zu verbringen, z.B. bei Ausflügen ins Schwimmbad usw. Schnell hat sich allerdings herausgestellt, dass dies nicht notwendig war. Unsere Kinder haben keinen Wunsch und kein Bedürfnis diesbezüglich gehabt, und sie haben nie danach gefragt. Deswegen bin ich auch davon überzeugt, dass der Fakt ein Spenderkind zu sein, viel weniger bedeutet, als man sich denkt und als man vielleicht fürchtet.
Auf der anderen Seit haben die Reaktionen von unserem Umfeld und der Umwelt allgemein viel bedeutet. Für uns war es nie wichtig, wer welches Kind auf die Welt gebracht hat, aber wir haben gemerkt, dass dies für andere sehr wichtig ist, und darüber waren wir sehr überrascht. Viele schreiben der Genetik eine große Bedeutung zu. Das heißt auch, dass Esther öfters gefragt worden ist, wer ihre “richtige Mutter” sei. Eines Tages kam Esther traurig nach Hause und fragte: “Aber wenn Mama-Lise meine richtige Mutter ist, bis du dann meine falsche Mutter?”. Sie wird darüber traurig, dass andere unsere Familie auf eine solche Weise betrachten und andeuten, dass einige richtiger sind als andere. Danach haben wir viel darüber geredet, warum sie traurig darüber wurde, und warum es sich nicht richtig anfühlt, wenn Leute solche Fragen stellen.
Die Sprache ist uns auch immer wichtig gewesen. Es war uns wichtig unseren Kindern eine Sprache zu vermitteln, womit sie darüber sprechen konnten, dass sie Spenderkinder sind – und zwar so früh wie möglich. Dies war uns wichtig, damit sie darüber reden können und die Fragen beantworten können, die sie mit der Zeit gestellt bekommen. Darüber hatten wir uns von Anfang an Gedanken gemacht. Deswegen haben wir Bücher gekauft, die wir vorgelesen haben, seitdem sie ganz klein waren und noch gar keine Sprache hatten und später haben wir die Bücher verwendet, um daraus ein Gespräch anzufangen.
In den Büchern ging es darum, wie sie “gemacht” wurden, und wie ein Spender sein Sperma gespendet hat, damit sie auf die Welt kommen konnten – es ging also nicht so sehr um den Spender oder um die Vaterrolle.
Esther ist gefragt worden: “Wo ist dein Vater?”, und weil sie nicht wusste, wie sie dies beantworten sollte, antwortete sie: “Er ist tot.” Auf dem Punkt haben wir es also nicht so gut hinbekommen, wie man es sich wünschen könnte. Aber man tut immer sein Bestes.
Alltag und Butterbrote
Lise und ich haben ein großes Umfeld mit Eltern, die Spenderkinder bekommen haben, und alle leben ein ganz normales Familienleben. Sie unterscheiden sich auf keine Art und Weise, und ich kenne keine einzige Familie, wo der Fakt ein Spenderkind zu sein, besonders viel bedeutet, oder wo es das Gefühl gibt, dass etwas fehlt. Es dreht sich irgendwie immer um Butterbrote, wie bei allen anderen auch.
Natürlich reden wir über den Spender, aber eigentlich bin ich es immer, die anfängt darüber zu sprechen, und nicht die Kinder. Z.B habe ich ein paar Mal sein Profil durchgelesen, um zu sehen, ob es zwischen den Kindern und ihm Gleichheiten gibt. Alle meine drei Kinder lieben es aufzutreten, und wenn es etwas gibt, dass Lise und ich nicht ausstehen können, dann ist es Auftreten. Daher ist es lustig einige Sachen in dem Spenderprofil zu lesen, die vielleicht genauso mit der Umgebung oder der Zeit, in der wir leben, zusammen hängen können. Darüber hinaus habe ich das Gefühl, dass es in den letzten Jahren ein größeres Interesse bzgl. eventuellen Spendergeschwistern gab, aber es ist noch relativ selten, dass es angesprochen wird. Wir stehen aber immer bereit zu helfen, wenn neue Bedürfnisse oder Wünsche entstehen sollten.
Bei uns zuhause ist der Spender immer Spender genannt worden. Das Wort Vater wurde nie angewandt. Für uns hört es sich falsch an, weil sie keinen Vater haben. Sie nennen uns Mama und Mama-Lise, und manchmal sagen sie einfach willkürlich Mama, und dann reagiere ich, aber dann sind sie genervt und sagen: “Nein, die andere Mama”.
Unendliche Dankbarkeit
Wenn Lise und ich über unsere Familie und unsere wundervollen Kinder sprechen, die wir kreiert haben, dann sind wir uns sehr darüber bewusst, dass der Spender ein Teil unserer Familiengeschichte ist. Nicht als ein Familienmitglied, sondern als ein Mensch, der unserer Familie das größte Geschenk aller Zeiten gegeben hat.
In den vielen Sternstunden im Alltag, wo man von Zärtlichkeit und Liebe zu seinen Kindern überwältigt wird, denken wir oft liebevoll an unseren Spender. Er hat uns mit dem Kostbarsten in unserem Leben bereichert, und dafür sind wir ihm unendlich dankbar.
Es ist unglaublich lebensbejahend jeden Tag diese Dankbarkeit zu erleben, die wir von allen Frauen und Familien erleben, denen wir in der SellmerDiers Samenbank und in der Diers Klinik helfen ein Kind zu bekommen. Ich nutze jede Chance, die ich habe, den Spendern zu erzählen, was für einen großen Unterschied sie ausmachen.